TRENDSPORTARTEN Faustball ist ein Breitensport für jeden Interessierten. Der Sport, der bis vor ein paar Jahrzehnten noch die Massen begeistert hat, ist heute allerdings fast von der sportlichen Landkarte der Stadt Regensburg verschwunden. Was traurig klingt, birgt aber auch eine fast einmalige Chance.
Wenn man sich ein bisschen mit den verschiedensten, weltweit betriebe- nen Sportarten beschäftigt, fällt ei- nes schnell auf: Je erfolgreicher eine Nation in einem Sport ist, desto populärer ist dieser Sport in dem entsprechenden Land. Eine große Aus- nahme von dieser Regel stellt der Faustballsport dar. Es gibt weltweit keine Nation, die so erfolgreich Faustball spielt wie Deutschland. Die seit 1968 aus- getragene Weltmeisterschaft der Männer konnte Deutschland in 14 Anläufen unglaubliche elf Mal für sich entscheiden, zwei Mal holt man Silber, ein- mal Bronze. Das gleiche Bild zeigt sich bei den Frau- en, die ihre seit 1994 ausgetragenen Weltmeister- schaften in sieben Versuchen fünf Mal gewinnen konnten. Und auch in den Jugendbereichen liegen die deutschen Jungen- und Mädchenauswahlen im Medaillenspiegel weit vor allen anderen Nationen. Aktuell sind sowohl die Herren als auch die Damen amtierende Welt- und Europameister, und auch bei den gerade zu Ende gegangenen World Games, dem internationalen Wettkampf nicht-olympischer Sportarten, konnten die deutschen Herren den Titel erringen. Und trotzdem ist Faustball in Deutschland, grade bei jungen Menschen, kaum noch ein Begriff.
Regensburg gegen die brasilianische Nationalmannschaft
„Noch vor rund 30 Jahren hatte fast jeder Regensbur- ger Verein eine Faustballabteilung, in der zumeist mehrere Mannschaften gemeldet waren. Es war ein echter Volkssport“, erinnert sich Karl Frimberger, Abteilungsleiter der Faustballer beim ESV 1927 Re- gensburg. Heute gib es in Regensburg aufgrund mangelnden Nachwuchses keinen Verein mehr, der am aktiven Ligabetrieb teilnimmt, wobei bei der SG Walhalla und beim ESV noch regelmäßig trainiert wird. Der nächstliegende, in einer Liga gemeldete Verein ist der TV Herrnwahlthann. Beim ESV 1927 Regensburg sind es aktuell nur noch eine Handvoll Aktive, alle über 60 Jahre alt, die sich mit ihrem Sport einmal in der Woche regelmäßig fit halten. Frimberger selbst blickt auf eine über 40-jährige ak- tive Zeit als Faustballer zurück, in der er unter anderem mit einer Regensburger Stadtauswahl gegen die brasilianische Nationalmannschaft gespielt hat.
Zwar wurden damals beide Partien verloren, aber zeigt doch die Tatsache, dass das Nationalteam auf einer „Goodwill-Tour“ durch Europa in Regensburg Halt machte, wie populär der Sport hier in der Regi- on war.
Und das keinesfalls zu Unrecht. Faustball ist eine äußerst anspruchsvolle Team- und Mannschafts- sportart, in der sich zwei Fünferteams, ähnlich wie beim Volleyball, auf zwei Spielfeldseiten gegenüber- stehen. Ziel des Spiels ist es, den Ball mit der Faust oder dem Unterarm über ein in der Spielfeldmitte gespanntes Band unerreichbar in das Feld des Geg- ners zu schlagen. Schläge mit der offenen Hand sind nicht erlaubt. Der Ball darf jedes Mal von drei ver- schiedenen Spielern in einem Team berührt werden, wobei er zwischen den Berührungen jeweils einmal auf dem Boden aufkommen darf. Im optimalen Fall teilen sich die drei Berührungen in eine Annahme des gegnerischen Schlags, ein Zuspiel und einen ei- genen Angriffsschlag auf. Ist ein Team nicht in der Lage, den Ball regelkonform zurückzuspielen, gibt es einen Punkt. Angabe hat immer das Team, das den letzten Fehler gemacht hat. Jede Spielfeldseite ist 25 Meter lang und 20 Meter breit, das Band in der Mitte hängt bei den Herren in zwei Metern Höhe und darf weder von den Spielern noch vom Ball be- rührt werden.
Faustball ist ein Sport, der sowohl auf Rasen als auch in der Halle (mit leicht veränderten Spielfeld- abmessungen) gespielt wird. Bei den Profis erreichen die Angriffsschläge Geschwindigkeiten bis zu 120 km/h. Die großen Spielfeldabmessungen und die ho- he Geschwindigkeit des geschlagenen Balles ma- chen Faustball damit zu einem äußerst dynami- schen Sport. „Faustballer müssen eigentlich alles können. Sie müssen schnell auf den Beinen sein, sehr gute Reaktionen und Teamgeist haben“, erklärt Hans Höfling, wie Frimberger seit Jahrzehnten be- geisterter Faustballer beim ESV. „Außerdem muss man lernen, das Spiel des Gegners zu antizipieren. Wenn man sich erst bewegt, wenn der Ball geschla- gen wurde, hat man in der Regel keine Chance, ihn zu erreichen. Wir hatten schon Spieler, die in ihrer Körperform eher einer Kugel glichen, aber sie haben fast jeden Ball erreicht, weil sie ein so gutes Stel- lungsspiel hatten“, so Höfling weiter. Dadurch, dass die beiden Teams beim Faustball auf ihren jeweiligen Seiten bleiben, besteht außerdem keine Gefahr einer Verletzung durch Gegnereinwir- kung. „Faustball ist im Grunde genommen der perfekte Breitensport“, erklärt Dieter Groß, ebenfalls einer der letzten ESV-Faust- baller. „Egal, ob Alt oder Jung, Männer oder Frauen, Faustball kann man gemeinsam spielen. Was die Alten an Erfahrung und Orientierung auf dem Platz haben, das ha- ben die Jungen an Geschwindigkeit.“
Wer Spaß und Freude am Spiel hat, kommt vorbei
Aber natürlich wissen die Faustballveteranen des ESV auch, dass sie es in einem wettkampforientierten Spiel nicht mehr mit der jungen Garde aufnehmen könnten, aber darum geht es auch gar nicht. „Sollten sich ein paar junge Sportler finden, die sich für Faustball interessieren, wäre es uns eine große Freude, ihnen alles zu zeigen, was man über diesen Sport wissen muss. Au- ßerdem muss niemand irgendjemanden ver- drängen. Wer Faustball spielen möchte, kommt zu uns und gründet mit Freunden und Gleichgesinnten einfach eine ganz neue Mann- schaft“, so Höfling. Und so lässt sich der eigent- lich traurigen Situation des Nachwuchsman- gels auch etwas Positives abgewinnen. Aber na- türlich sind Interessierte jeden Alters im Trai- ning des ESV willkommen. „Oft haben Men- schen früher Faustball gespielt und wissen gar nicht, dass sie diese Möglichkeit heute bei uns auch noch haben. Auch wer keinen Wettkampf- sport betreiben möchte, sondern nur eine faszinierende und spannende Art der Bewe- gung sucht, sollte vorbeischauen.
Es wäre toll, auch sie bei uns begrüßen zu können“, hofft Karl Frimberger auf einen Auf- schwung seines Sports beim ESV. Als Grundvoraussetzungen muss man eigentlich nur den Spaß an der Bewegung und Teamgeist mitbringen.
FAUSTBALL BEIM ESV 1927 REGENSBURG
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Training:
immer montags von 16 bis 18.30 Uhr in der oberen Halle des ESV.
Grundvoraussetzungen:
Spaß an der Bewegung, Teamfähigkeit, keine Angst vor dem Ball
Equipment: Sportschuhe, Sportkleidung – Bälle stellt der Verein
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VON BASTIAN SCHMIDT
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